Das Haus der Familie Tieck lag im Stadtteil Cölln in der Rossstrasse. Diese muss man etwa im gelb markierten Abschnitt des nebenstehenden Stadtplans, der das Berliner Stadtbild von 1688 wiedergibt, suchen. Die Stadt war zweigeteilt durch den Flusslauf der Spree in Berlin und Cölln; eine Stadtmauer, in die gut bewachte Tore eingebracht waren, umrundete in weitem Bogen die ganze Stadt. Von der Rossstraße aus war es nicht weit zum historischen Cöllnischen Fischmarkt, zum mittelalterlichen Rathaus oder zum Schloss. Den Mittelpunkt des Stadtteils bildete die Petrikirche, deren Gottesdienste die Tiecks besuchten.
Sophie war das mittlere Kind zwischen zwei Brüdern. Ludwig Tieck, der spätere berühmte Dichter und Begründer der Romantik, war zwei Jahre älter als Sophie, und Christian Friedrich Tieck, der spätere bekannte Bildhauer, der u.a. an der Gestaltung des Königlichen Schauspielhauses am Gendarmenmarkt beteiligt war, wurde 1776 geboren. An beide Brüder knüpfte Sophie ein enges Band. Um die Erziehung der Kinder bemühten sich in liebevoller aber autoritärer Weise die Eltern, der Seilermeister Johann Ludwig und die aus einem Pfarrhaus stammende Anna Sophia Tieck. Man machte gemeinsame Sonntagsausflüge, ging zu Verwandten oder besuchte auch mal das Theater.
Ein Einschnitt für Sophie ergab sich, als die beiden Brüder auf das Gymnasium geschickt wurden und sie zu Hause bei der Mutter bleiben musste, um im Haushalt und der Werkstatt des Vaters zu helfen und die sog. weiblichen Fähigkeiten zu erlernen. Damit wurden ihrem Wissensdurst Grenzen gesetzt, und sie wurde damit auf die sog. weibliche Rolle festgelegt.
Als „heiter und lebhaft, keck und leichtsinnig, schnell und scharf in ihrer Auffassung, schlagend in ihren Antworten“ schildert sie der Ludwig-Tieck-Biograph R. Köpke. Trotz ihres hellen Verstandes blieb für die Tochter aber nur der Weg, sich ihr Wissen auf autodidaktischem Wege anzueignen oder zu sehen, dass sie soviel wie möglich vom Wissen Ludwigs (Friedrich war eher praktisch orientiert und verließ das Gymnasium wieder, um eine Bildhauerlehre zu machen und später bei dem berühmten Bildhauer Schadow zu studieren ) profitierte. Sie teilte die Leselust des Bruders, lernte mit ihm Sprachen und tat sich schon früh mit eigenen dichterischen Versuchen hervor. Durch die Literatur verbündeten sich die Geschwister im Geiste und bildeten eine enge Gemeinschaft, die empfindlich gestört wurde, als Ludwig 1792 das Elternhaus verließ, um zu studieren. Einsamkeit wurde nun für die Siebzehnjährige zur existentiellen Grunderfahrung und sollte ihr ganzes Leben bestimmen, wurde nur noch mal kurz aufgehoben, als sie 1795/1796 zusammen mit dem Bruder eine Sommerwohnung vor dem „Rosenthaler Thore“ bezog und sich dort ein romantischer Kreis um die Geschwister versammelte. Hier begann die schriftstellerische Laufbahn Sophies, als sie 1795 anonym Erzählungen in der Zeitschrift „Straußfedern“ veröffentlichte.