Sophie Tieck hatte sich so sehr gewünscht, dass ihr „Nahme in Deutschland genant wirde und mein Gedächtniß weder bei Freunden noch Feinden sich auslöschte.“ Sie schrieb nicht nur aus schöngeistigem Interesse, sondern verfolgte auch ökonomische Gründe. Sie nahm ihre Rolle als Autorin ernst und ihr sehnlichster Wunsch war, auch vom Lesepublikum ernstgenommen zu werden. Ihre Texte sind Ausdruck weiblicher Selbstreflexion und Identitätssuche und zeigen das Ringen nach Ausdrucksmöglichkeiten im von männlichen Zuweisungen beherrschten Autorschaftssystem von 1800.
Den Namen Sophie Tieck zu vergessen hieße, sie aus dem romantischen Literatur-System um 1800 auszuklammern, in das sie nachweislich integriert war. Dass ihre Arbeiten nicht entsprechend gewürdigt wurden, liegt zum Teil auch daran, dass für die Forschung das Werk des Bruders, der als „König der Romantik“ bezeichnet wurde, im Mittelpunkt stand. Allerdings muss erwähnt werden, dass tatsächlich kein Weg an der Biographie Ludwig Tiecks vorbeiführt, will man einen Zugang zum Werk der Schwester finden.
Es hat immer wieder Ansätze zur Rehabilitierung der Schriftstellerin gegeben, Aufsätze, die sie in eine weibliche Ästhetik einzuordnen suchten. Um ausführliche Darstellungen von Leben und Werk der Schriftstellerin bemühen sich die Forschungsarbeiten von Monika Haberstok und Ewa Eschler. Monika Haberstok setzt in der Werkbeschreibung besondere Akzente auf das epische Gedicht „Flore und Blanscheflur“ und den Roman „Evremont“ , beides Texte, die die Schriftstellerin selbst für ihre wichtigsten Produktionen hielt. Ergänzt wird die Arbeit durch die Auflistung aller veröffentlichten und unveröffentlichten Schriften sowie einem chronologischen Verzeichnis der veröffentlichten und unveröffentlichten Briefe.
Besonders erfreulich ist, dass in den letzten Jahren einige Werke Sophie Tiecks wieder neu aufgelegt worden sind. Es lohnt sich, sie zu lesen, eröffnen sie uns doch einen Blick in die Vergangenheit, deren Aufarbeitung für die Gegenwart immer mehr an Bedeutung gewinnt. Themenkomplexe, die Sophie Tieck ihr ganzes Leben lang beschäftigten, wie die Auseinandersetzung der Geschlechter, Glück, Sehnsucht, Liebe, Einsamkeit, Heimat sind zu allen Zeiten aktuell!
Die Ausführungen dieser Website rekurrieren auf die erwähnte Forschungsarbeit von Monika Haberstok, die im Iudicium-Verlag, München, im Jahre 2001 erschienen ist.